Mittlerweile nutzen nach neuesten Schätzungen mehr als 3 Milliarden Menschen die verschiedenen Sozialen Netzwerke. Ganz selbstverständlich bestellen wir im Internet, haben Kundenaccounts bei allmöglichen Firmen und diverser Software. Schnell ist der Überblick verloren gegangen, wo man überall angemeldet ist. Und dann ist es plötzlich vorbei. Das Leben. Aber was passiert dann mit den all den Online-Konten, dem digitalen Nachlass?
Wie gehe ich mit dem Digitalen Nachlass um?
Die Kosten für Abos werden weiterhin abgebucht, bestellte Ware wird ausgeliefert und Erinnerungen an den Geburtstag des Verstorbenen werden via Email an seine Kontakte in sozialen Medien verschickt. Wer ist zuständig? Wer kann was tun und was kann man zu Lebzeiten bereits erledigen, dass die Erben keine allzu großen Schwierigkeiten bekommen? Kurz: Wie gehe ich mit dem Digitalen Erbe um?
Erbrecht versus AGB
Das deutsche Erbrecht sieht dies alles ganz einfach. Der Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen. Alle Sach- und Geldwerte gehen in seinen Besitz über und dazu zählt auch das digitale Vermögen. Der Inhalt von Festplatten und USB-Sticks ebenso wie alle Zugänge zu digitalen Konten. Aber die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verschiedener Firmen machen es dem Erben schwer, manche aber auch leicht.
Nutzungslizenz endet mit dem Tod
Betrachtet man sich z.B. die AGB von Apple iCloud, endet dort der Vertrag mit dem Tod des Endnutzers. Ähnlich ist es bei Amazon, wo eine Nutzungslizenz eingeräumt wurde. Hierbei sind einige Dinge aber noch nicht zur Gänze geklärt. Momentan fehlen noch ausreichende Gerichtsurteile, die diesen Aspekt der Nutzungslizenz in den AGB klären.
Probleme und ungeklärte Fragen
Die E-Mail-Konten des Verstorbenen gehören ebenso zum digitalen Vermögen und gehen an den Gesamtrechtsnachfolger (den Erben) über. Findet der Erbe Emails im Postfach kann er sie (ebenso wie analoge Briefe oder Tagebücher) lesen. Hier springt nun aber das Telekommunikationsgeheimnis ein. Der Provider ist nämlich verpflichtet, dieses Telekommunikationsgeheimnis einzuhalten und macht sich strafbar, wenn er es nicht einhält. Jeder Anbieter von Email-Konten nutzt eine andere Vorgehensweise in seinen AGB, um einer Strafe zu entgehen. Manche lassen den Account mit dem Tod erlöschen, andere verlangen die Sterbeurkunde und einen Erbschein wiederum andere löschen den Account bei einer gewissen Zeit der Nichtnutzung. Hier fehlt dringend eine rechtliche Klarstellung.
Was mache ich mit Social Media Profilen?
Bei Facebook übernimmt der Erbe das Konto. So lange der Erbe aber nicht in Aktion tritt, bleibt bei dem Facebook-Profil alles beim Alten: man kann auf die Pinnwand des Verstorbenen posten, verlinken, Nachrichten schreiben und wird an den Geburtstag erinnert. Facebook bietet aber die Möglichkeit, die Profilseite des Verstorbenen in den „Gedenkzustand“ zu versetzen. Dafür muss man allerdings den Tod gegenüber Facebook nachweisen. Eine Sterbeurkunde wird nötig, wenn ein naher Angehöriger das Konto löschen lassen will. Zugang zum Profil und den Nachrichten wurde im Mai 2017 vom Berliner Kammergericht jedoch untersagt. Es geht das Fernmeldegeheimnis über das Erbrecht. (In diesem speziellen Fall geht es um Chatnachrichten mit Dritten, die das Fernmeldegeheimnis abdeckt.) Endgültig entschieden ist aber nichts. Die Parteien wollen zur nächsthören Instanz.
UPDATE: Am 12.07.2018 verkündete der Bundesgerichtshof (BGH) ein richtungsweisendes Urteil zum digitalen Nachlass. Demnach muss Facebook der Mutter eines verstorbenen Mädchens den Zugang zum gesperrten Nutzerkonto ihrer Tochter gewähren. Die Mutter war im Besitz der Zugangsdaten, konnte sich allerdings aufgrund des bereits aktivierten Gedenkzustandes nicht mehr einloggen. Der BGH entschied nun, dass die digitalen Inhalte ebenso wie ein Tagebuch vererbbar sind. Wie sich das Urteil auf alle Nutzer von Facebook und den anderen sozialen Netzwerken auswirkt, ist zum aktuell Zeitpunkt noch unklar.
Google bietet Nachlassverwalter an
Der Google-Konzern bietet mit seinem „Kontoinaktivität-Manager“ eine Art Nachlassverwalter an. Die Anmeldedaten zu den Google-Anwendungen können so nach einer bestimmten Zeit an vorher festgelegte Personen weitergegeben werden. Man kann in den Einstellungen die verschiedenen testamentarischen Funktionen festlegen und so den Nachlass regeln. Wird dies vorher aber nicht geregelt, wird Google an die Erben keine Daten herausgeben.
Was kann ich tun?
Am besten führt man eine ständig aktuelle Liste mit allen Passwörtern von Internetanwendungen. Eine Vertrauensperson muss über diese Liste Bescheid wissen, damit sie nach dem Tod die nötigen Vorkehrungen treffen kann. Dies ist mühsam, erspart aber dem Erben viel Aufwand mit dem digitalen Nachlass. Mittlerweile wissen Bestatter um das Problem des digitalen Erbes und bieten den Hinterbliebenen Hilfe an. Daneben gibt es auch eine Firma, die sich um den digitalen Nachlass kümmert und im Auftrag der Erben Konten ausfindig macht und diese kündigt. Bei Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Schreiben Sie mir.
Dieser Artikel gibt nur Tipps an die Hand und stellt keine rechtliche Beratung dar.
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